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    Die Welt: Jetzt wird’s bierernst in der Bahn

    Wer beim HVV Alkohol trinkt, zahlt bald Buße – Angst vor „Last Order“-Besäufnis am Freitag

    Vom 1. Oktober an droht Alkoholkonsumenten beim HVV ein Bußgeld von 40 Euro

    In London gab es vor Start des Alkoholverbots 2008 ein Massenbesäufnis in der U-Bahn

    Alkoholverbot in Bus, S- und U-Bahn – bislang war das kein ganz so ernstes Thema in Hamburg. Denn statt Bußgeldern gab es bisher nur den erhobenen Zeigefinger und mahnende Worte der Kontrolleure für Bierflaschenträger. Damit ist vom Sonnabend an Schluss. Vom 1. Oktober an sollen Verstöße gegen das seit 1. September geltende Alkoholverbot auch Bußgeld kosten. Vorher wollen vor allem jüngere Leute es noch einmal ordentlich krachen lassen.

    „HVV Abschiedstrinken“ heißt die inoffizielle Veranstaltung, zu der bereits seit Monaten auch über Facebook mobilisiert wird. Allein über das soziale Netzwerk hatten mehr als 20 000 Menschen ihre Teilnahme am Abschiedsbesäufnis in Bussen und Bahnen angekündigt. Die Seite ist mittlerweile gelöscht worden. Die Idee aber ist damit noch lange nicht tot. Großes Interesse an derlei Aktionen hatte sich bereits im Jahr 2008 in London gezeigt. Feierwütige hatten damals die Waggons in Bars verwandelt. Motto; „last order“, also: letzte Runde.

    Ob auch in Hamburg Tausende betrunkene Jugendliche in der Nacht zum Sonnabend die öffentlichen Verkehrsmittel unsicher machen, ist unklar. Die Planungen sind diffus. Mal war die U3, dann die S1 als „Party-Strecke“ auserkoren. Mittlerweile ist sich niemand mehr sicher, wann, wo, und wie viele beim angesagten „Abschiedstrinken“ dabei sind.

    Beim HVV stuft man die Situation für den Abend als besonders, aber nicht als vollkommen ungewöhnlich ein. „Das ist ein Standard, wie er jedes Jahr mehrfach vorkommt“, sagt Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum. Für Angetrunkene seien die öffentlichen Verkehrsmittel stets die Transportmittel der Wahl. Denn selbst angetrunken auf dem Fahrrad unterwegs zu sein, könne den Führerschein kosten. „Wir gehen davon aus, dass es abläuft wie beim Public Viewing bei der Weltmeisterschaft“, so Kreienbaum. „Es ist ja nicht so, dass es um Aggression geht. Die Leute wollen ganz überwiegend einfach Party machen.“ Wenn es aber zu Vandalismus komme oder andere Fahrgäste bedrängt würden, wolle man einschreiten.

    Bei der Polizei gibt man sich entsprechend gelassen. „Das ist eine Angelegenheit des Hausrechts und damit Sache der Verkehrsbetriebe“, heißt es aus den Reihen der Hamburger Ordnungshüter. Die Bundespolizei, zuständig für den Bereich S-Bahn im HVV, stößt in dasselbe Horn. „Wir sind natürlich in engem Kontakt mit den Nahverkehrsbetrieben“, sagt Bundespolizeisprecher-Sprecher Rüdiger Carstens. Das ist natürlich nur die „halbe Wahrheit“. Weitaus mehr Beamte als üblich werden in der Nacht von Freitag auf Sonnabend im Einsatz sein, um schnell eingreifen zu können. Die Hochbahn wird mit 100 Mann in Bussen und Bahnen präsent sein. Die Bundespolizei holt eine komplette Hundertschaft nach Hamburg. Die Landespolizei wird sogar rund 250 Bereitschaftspolizisten und Angehörigen der Einsatzzüge sowie rund 50 Beamten aus Einheiten wie Jugendschutz ab Freitagabend 19 Uhr bereitstellen. Dabei werden die Einsatzkräfte sogenannten „Raumschutz“ praktizieren. Sie halten sich von den Bussen und Bahnen fern und rücken nur auf Anforderung an. Das ist ein Zeichen, dass sehr wohl schon in der Nacht Kontrollen durchgeführt werden. Kitzelig wird es, wenn bei Verstößen gegen das Alkoholverbot die Angabe der Personalien verweigert wird. Dann ist Polizei gefragt, die dafür im Rahmen des Raumschutzkonzeptes flächendeckend zur Verfügung steht. Immerhin geht es um 40 Euro, die für das Trinken von Bier, Schnaps, Prosecco oder anderen alkoholhaltigen Getränken in öffentlichen Verkehrsmitteln vom Sonnabend an fällig werden. Theoretisch ist sogar der Verzehr von Mon Chéri verboten. Denn in der Praline sind 0,66 Gramm Branntwein enthalten.

    Weitaus mehr als das Abschlusstrinken am Wochenende beschäftigt die Polizeigewerkschaften das, was danach kommt. „Es ist eine neue Aufgabe, für die die Polizei zwar erst in zweiter Linie zuständig ist“, sagt Freddi Lohse von der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Es ist aber absehbar, dass wir regelmäßig gerufen werden. Das ist wieder eine neue Aufgabe für die Hamburger Polizei.“